Wie kann ich ohne die Verwendung zweifelhafter Gifte bzw. Materialien der Dämmstoff- und Sanierungsindustrie einen Raum dauerhaft schimmelsanieren?
Eins vorweg: ich bin absoluter Laie und habe nach einem mir sinnvoll erscheinenden Weg gesucht. Hier halte ich das Ergebnis fest, damit die gesammelten Informationen auch anderen nützlich sein können.
Problem
- Zweifamilienhaus Baujahr 1961
- Außenwände 24er Bims-Hohlblock
- Decken großzügig betoniert
- Mahagoni-Fenster 80er Jahre 2-Scheiben-Isolierglas
Testweise möchte ich einen Raum renovieren, der aufgrund von zu wenig Lüften von Schimmel betroffen ist.
Mit Thermometer und Feuchtigkeitsmesser kann man gut abschätzen, dass Ecken baulich bedingt sehr schimmelgefährdet sind. Man kann ausrechnen, dass die Luftfeuchtigkeit konsequent auf maximal 50% gehalten werden muss, weil sich sonst Wasser in den Ecken niederschlägt und Schimmel droht.
Bedingungen
- keine zweifelhaften Gifte verwenden
- dauerhaft Schimmel vorbeugen
- keine Außendämmung (in ein paar Jahren geplant)
Lösung Calciumsilikat
Nach intensiver Recherche nach einer nachhaltigen Lösung für die Behandlung der Innenseite der Wand bleibt nur die Dämmung mit Calciumsilikatplatten als sinnvoll übrig.
Vorteile
- Dämmwirkung, damit wird die Oberflächentemperatur innen erhöht und somit dem Niederschlagen von Feuchtigkeit entgegengewirkt
- Mit einem PH-Wert von 12 ist es stark basisch. In diesem Milieu kann kein Schimmel wachsen
- Mineralisch („Stein“): ist feuchtigkeitsdurchlässig und kann nicht verrotten
Nachteile
- Das gesamte Wandfinish muss den PH-Wert übernehmen, das geht nur mit Kalkputz & Kalkfarbe; Tapete und Kleister sind verboten.
- (Unsicher:) Muss anders als Gipskarton anschliessend verputzt werden, da sehr weich.
- Sehr teuer, etwa 20 €/m² Wandfläche für 2,5 cm Dämmung
Lösung Kalkanstrich
Deshalb kann man auch gleich mit Kalk streichen, denn der hat ebenfalls einen sehr hohen PH-Wert. Zuerst muss die Wand mit Kalkspachtel geglättet werden, danach kann mit Sumpfkalk gestrichen werden.
Ich habe auf Anraten meines Lieferanten Natur-Baumarkt Wende, Frankfurt folgende Materialien verwendet:
- Haga Grundputz: rund 17 € für 25 kg zum Füllen der groben Löcher.
- Haga Universalspachtel: rund 34€ für 10 kg zum flächigen Spachteln der Wände. Das ist reiner Kalk („Weisskalkhydrat“) plus Cellulose (praktisch Tapetenkleister). Die Werbeaussage seitens Haga „rein mineralisch“ erhält dadurch einen ziemlich fragwürdigen Touch (alles Lüge oder was?) . Auch die Aussage des Herrn Wende „Kleister = Schimmel“ klingt in diesem Zusammenhang irgendwie seltsam. Wie dem auch sei, das Zeug verarbeitet sich genial. Einfach auf die Wand und fertig. Den Aufwand mit vornässen und feuchthalten von reinem Kalk kann man sich weitgehend sparen. Allerdings klumpt es beim Anrühren gewaltig.
- Haga Kalkfarbe: eine Sumpfkalk-Wandfarbe. Verarbeitet sich gut, und muss ebenfalls nicht vor- oder nachbehandelt werden, sofern man ein paar Tage für das passende Klima sorgt.
Durchführung
- Wand säubern
- Tapete runter, wirklich alles! jeder kleinste Fetzen nervt beim spachteln
- Entfernen des schimmeligen Putzes mit grobem Werkzeug 😉
- Tränken aller verdächtigen Bereiche mit hochprozentigem Alkohol
- gut trocknen lassen!
- Wand neu aufbauen
- Fehlstellen mit Kalk-Sand-Putz ausbessern
- Wand flächig mit Kalkspachtel glätten
- Wand mit Sumpfkalk streichen
Resultat
Stand 2015:
- alle Leerrohre und rund 25 Dosen sind in den Wänden
- zwei Wände fertig gespachtelt
- Decke Risse verschlossen
- Testweise 2 m² Decke gestrichen
Während der Arbeiten – die sich leider zwei Monate hinzogen – ist es fleißig weitergeschimmelt durch die hohe Luftfeuchtigkeit. Aber nur dort, wo noch kein Kalk war. Insofern: Erfolg!
Stand 2016?:
Alles fertig, und zusätzlich rund ums Bett mit 10 mm Korkplatten gedämmt.
Stand 2018:
- Nach drei Jahren kann ich sagen, dass der Schimmel weitgehend weg ist. Einen kleinen gelblichen Fleck gibt es aber trotzdem. Vielleicht ein besonders Basen-resistenter Schimmelpilz? Oder Rost vom Stahlbeton?
- Putz und Farbe sind noch wie neu, es haben sich keine neuen Risse gebildet, die alten Risse sind erfolgreich beseitigt.
- Die Kalkfarbe ist gut abgebunden und färbt nicht ab, wenn man sie berührt.